ZEHN - Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen

Was gilt es beim Pflanzen von Obstbäumen zu beachten? Zwischen Anbaubedingungen, Allergien und alten Sorten

Der Apfelbaum im heimischen Garten – ein Bild aus alten Tagen? Wie häufig werden Bäume noch selbst gepflanzt? Und worauf sollte geachtet werden, wenn man sich für einen Obstbaum entscheidet? Wir haben Anke Kreis gefragt, Diplom-Oecotrophologin (FH) und Beraterin für Garten, Hof- und Dorfgrün der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Sie hält Vorträge und gibt Seminare zu Gartenthemen wie zum Obstbaumschnitt in Theorie und Praxis. Mit ihr haben wir über Anbaubedingungen, Allergien und alte Sorten gesprochen.

Anke Kreis
© Anke Kreis

Der typische Apfelbaum beim Einzug ins Eigenheim: Ist da heutzutage noch etwas dran?

Ein schöner Brauch, zum Einzug oder zur Geburt eines Kindes einen Obstbaum zu pflanzen. Selber Obst vom Baum zu ernten sorgt gefühlt für einen noch intensiveren, extrem guten Geschmack und trägt zur Selbstversorgung bei. Darüber hinaus sind Obstbäume für die Insektenvielfalt von großer Bedeutung. Manche Gartenbesitzer wissen allerdings nicht, wohin sie einen Baum pflanzen sollen. Wie hoch und breit wird er später? Wo steht er genau richtig? Glücklicherweise gibt es für jede Gartengröße den richtigen Apfelbaum.

 

Baum ist nicht gleich Baum. Es gibt z. B. Hoch- und Halbstämme wie auch Spalierobst. Was unterscheidet sie voneinander?

Bei Hochstämmen beginnt der Kronenaufbau in einer Höhe ab 1,80 m. Sie sind starkwüchsig und bekommen breite Kronen von ungefähr 8 m. Das ist auch der Mindest-Pflanzabstand von Hochstämmen. Halbstämme mit einer Stammhöhe von ca. 1,20 - 1,80 m bleiben niedriger im Wuchs mit weniger Kronenbreite von ca. 6 m. Fußstämme haben nur wenig Stammhöhe und sind mit 4 m Kronendurchmesser noch kleiner. Sie tragen bereits nach wenigen Jahren Früchte, also früher als Halb- und Hochstämme. Säulenobst wächst schmal und bringt weniger Ertrag. Spalierobst wird am Rankgerüst waagerecht an gespannten Drähten gezogen und benötigt ungefähr so viel Platz wie eine geschnittene Hecke.

 

Die Qual der Wahl: Apfel, Birne, Pfirsich, Pflaume – Wofür soll ich mich entscheiden? Und was wächst auf meinem Boden am besten?

Für welche Frucht Sie sich entscheiden, liegt erstmal an Ihren Geschmacksvorlieben. Welche Apfelsorte mag ich? Esse ich Pflaumen? Möchte ich Kirschen direkt vom Baum naschen oder einkochen? Sollen meine Äpfel und Birnen zu Saft werden?

Neben der Beschaffenheit des Bodens ist entscheidend, wieviel Platz ich für einen Obstbaum in meinem Garten habe. Kann es ein Hochstamm sein oder reicht der Platz nur für einen Fußstamm? Ein sonniger Standort sorgt für den guten Geschmack und die Süße des Obsts.

Was ebenfalls relevant ist, ist die gute Fruchtbarkeit. Einige Sorten sind gute Pollenspender. Besonders bei Birnen und Kirschen ist es wichtig, zwei Sorten zu pflanzen, weil sie selbst unfruchtbar sind. Als Bestäuber können natürlich auch Kirsch- oder Birnbäume in der Nachbarschaft dienen. Für jeden Standort gibt es den richtigen Obstbaum.

 

Sind Obstbäume zukunftsfähige Bäume hinsichtlich des Klimawandels?

Klimawandel bedeutet, dass es mehr extreme Wetterereignisse gibt: mehr Hitze, stärkere Stürme, starker Niederschlag in kurzer Zeit. Die Jahreszeiten lassen sich nicht mehr so stark voneinander unterscheiden. Die Winter sind laut Wetteraufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes kürzer geworden.

Für uns bedeutet das konkret, bereits vor dem Pflanzen die richtige Obstart und -sorte für meinen Standort auszuwählen. Der Boden sollte nicht dauerhaft feucht oder trocken sein. Ortsansässige Baumschulen beraten zur richtigen Auswahl.

Noch wichtiger wird das richtige Pflanzen mit Blick auf den Klimawandel: Das Pflanzloch so groß wie möglich ausheben, damit viel Raum für das Wurzelwachstum ist. Den Obstbaum durchdringend wässern (nicht nur gießen) sorgt für besseren Anwachserfolg.

 

Immer mal wieder kommt der Begriff „Alte Sorten“ auf. Was hat es damit auf sich? Und wo finde ich sie?

Einige alte Sorten Sie haben sich über viele Jahre in unseren Gärten bewährt, wie die Mirabelle „Nancy“ , die Apfelsorte „Jonathan“ oder die Birne „Alexander Lukas“. Sie gelten als wuchsfreudiger und resistenter gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Besonders bei der Anlage von Streuobstwiesen greift man auf alte Obstsorten zurück, auch um die Artenvielfalt zu fördern.

In den letzten Jahren traten bei einigen Menschen Allergien beim Verzehr von Äpfeln auf. Derzeit wird daran geforscht und es scheint, als ob alte Sorten allergieärmer seien. Einige neuere Sorten gelten ebenfalls als allergiearm. Lassen Sie sich bei Allergien vor dem Kauf eines Obstbaums beraten. Auch Kostproben verschiedener Sorten sind sinnvoll vor der Pflanzung.

 

Wie pflanze ich einen Obstbaum?

Achten Sie bei der Auswahl des Obstbaums auf die gewünschten Bodenverhältnisse. Wenn es sich um einen trockenen Standort und leichten, sandigen Boden handelt, ist es wichtig in den ersten 3 Jahren nach der Pflanzung für eine ausgewogene Wasserversorgung zu sorgen. Ein trockenes Frühjahr kann das Anwachsen und die Entwicklung des Baumes beeinträchtigen. Mischen Sie Kompost unter die Erde und geben es ins Pflanzloch. Das organische Material verbessert den Boden.

Der Obstbaum muss so tief in den Boden wie er vorher in der Baumschule gepflanzt wurde. Sie können einen wurzelnackten Baum (ohne Erde, ohne Ballen oder Topf) im zeitigen Frühjahr oder im Herbst pflanzen. Oder Sie entscheiden sich für Containerpflanzen (im Topf), bei denen die Pflanzhöhe besser erkennbar ist. Nach dem Pflanzen ist natürlich das Gießen wichtig und auch die Sicherung durch Baumpfähle vor Wind.

 

Wie viel Pflege braucht ein Baum? Oder kann ich mir Hilfe holen? Worüber sollte ich mir vorab im Klaren sein?

Obstbäume sollten jedes Jahr geschnitten werden, um beschädigte oder kranke Triebe zu entfernen und vor allem um die Krone auszulichten und in Form zu bringen. Die Qualität des Obstes wird dadurch verbessert, die Früchte größer und der Geschmack feiner. Der Obstbaumschnitt ist insbesondere für Äpfel und Birnen eine Vorbeugung von Krankheits- und Schädlingsbefall. Durch den Schnitt bringt man die Krone ins Gleichgewicht, so dass sich der Baum gleichmäßig in alle Richtungen entwickeln kann und standfest ist.

Wenn Sie einen Apfel- oder Birnbaum pflanzen wollen, müssen Sie sich mit dem Schnitt von Obstbäumen beschäftigen, wenn Sie selbst schneiden wollen. Hier gelten andere Wachstumsgesetze als bei Laubbäumen. Kirschen und Pflaumen sind besonders in den ersten 3 Jahren auf einen fachgerechten Erziehungsschnitt angewiesen, wodurch die Kronenentwicklung vorgegeben wird. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen bietet regelmäßig spezielle Seminare zum Obstbaumschnitt an.
Halten Sie den Bereich um den Stamm (die Baumscheibe) frei von Gras, damit es nicht am Stamm hochwächst. Die Feuchtigkeit staut sich sonst und Krankheitsbefall kann die Folge sein.

 

Was mache ich mit meinem geernteten Obst?

Wieviel Obst ergibt sich später im Ertrag? Wollen Sie das Obst konservieren, Saft herstellen oder Äpfel lagern? Das entscheidet über die Auswahl der Sorte. Nicht aus jedem Apfel oder jeder Birne lässt sich geschmackvoller Saft mosten. Und habe ich bei mir in der Nähe eine Mosterei, die Saft aus meinem eigenen Obst herstellt?

Möchten Sie Ihr Obst lagern, dann entscheiden Sie sich für lagerfähige Sorten. Besonders bei Äpfeln ist die Lagerdauer der Sorten sehr unterschiedlich. Und Sie brauchen einen geeigneten Lagerraum, der kühl und dunkel ist. Größere Mengen sollten auf Holzpaletten oder niedrigen Kisten gelagert werden, kleinere Mengen im Folienbeutel unter Luftabschluss.

 

Wenn ich nun einen Obstbaum pflanzen möchte - Wer kann mir bei der Auswahl Hilfestellung geben? Und wann wäre der beste Zeitpunkt?

Obstbäume werden am besten bei einer örtlichen Obstbaumschule gekauft, die ein breites Sortiment und gute Beratung für die lokalen Gegebenheiten bietet. Einige Städte und Gemeinden unterstützen die Anlage von Streuobstwiesen - auch finanziell. Sie bekommen dann eine Liste mit alten Obstsorten, aus der Sie die Sorten auswählen können. Fragen Sie bei der unteren Naturschutzbehörde Ihres Landkreises nach.

Die Entscheidung hinsichtlich des Geschmacks liegt allerdings bei Ihnen. Es gibt regionale Apfeltage, an denen Sie Apfelgeschmackstests machen und sich über die Lagerdauer informieren können. Bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (den Beraterinnen für Garten, Hof- und Dorfgrün und der Niedersächsischen Gartenakademie) bekommen Sie Listen mit empfehlenswerten Obstsorten für Gärten, Listen mit alten Obstsorten sowie empfehlenswerten Lageräpfeln. Je nach Region gibt es weitere Vereine und Verbände, die Rat geben können.

 

Wenn ich keinen Garten besitze, haben Sie Ideen wie ich trotzdem einen Baum haben könnte?

Vielleicht bietet sich eine Patenschaft für einen Obstbaum an? Entlang des Hasetal-Radwegs wurden vor ca. 20 Jahren Obstbäume gepflanzt, um den Radweg erkennbar zu machen und bei einer Radtour „Mundraub“ zu begehen. Das heißt, man darf für den Sofortverzehr Obst vom Baum ernten. Für diese Obstbäume wurden Paten gesucht, die die Pflege, also vorwiegend den Schnitt übernommen haben und dafür das Obst ernten durften.  Vielleicht gibt es ähnliche Aktionen in Ihrer Nähe? Eine Patenschaft auf privaten Streuobstwiesen oder in einem Schrebergarten. Oder Sie setzen sich für eine ähnliche Aktion ein?

Wenn es um die Ernte geht, achten Sie unterwegs auf das „Gelbes Band“. Dies zeigt, dass dort ohne Rückfrage gepflückt werden darf. Eine wirklich gute Idee!

 

Frau Kreis, haben Sie Lieblingssorten, die an den Bäumen im Cloppenburger Raum hängen?

Eine Lieblingssorte ist zu wenig! Im Juli sind die ersten Kirschen reif. `Schneiders späte Knorpelkirsche` entwickelt große Früchte und hat einen guten Geschmack. Im August ist die Kirsch-Sorte `Regina` mit den platzfesten Früchten reif. Leider darf der Boden für diese Kirsche nicht zu feucht sein. Daher ist sie bei uns auf dem schweren Boden schlecht geeignet. Im September mag ich die Früchte der "Hauszwetschge" besonders gern. Sie schmeckt frisch genauso lecker wie konserviert. Auch bei Birnen und Äpfeln ist die Wahl beeinflusst durch unseren Boden. Die Birnen `Conference` und `Köstliche von Charneux` schmecken süß und wirklich köstlich. Leider wissen das auch Wespen und Hornissen. Und bei den Äpfeln gibt es eine lange Liste mit Lieblingssorten. Bei unserer `Biesterfelder Renette` ist der Geschmack unschlagbar. Sie lässt sich leider nur maximal 3 Tage lagern, dann ist der Apfel mehlig und schmeckt nicht mehr. Dafür ist der Saft geschmacklich ein wahrer Genuss.

 

Liebe Frau Kreis, vielen Dank für das Interview!