ZEHN - Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen

Ist Sonnenblumenöl das neue Klopapier?

In Deutschland wird wieder gehamstert. Sonnenblumenöl und Mehl sind in den Supermärkten knapp. Dafür gibt es verschiedene Gründe – das Verhalten der Deutschen ist einer davon.  

Hamstern im Supermarkt
© Talke Gristede

„Abgabe nur in handelsüblichen Mengen“ heißt es in den Beschränkungen, die deutsche Supermärkte wieder aus der Schublade kramen, die Anfang der Pandemie zuletzt geöffnet war. Ängste vor einem Mangel treibt die Menschen in die Märkte. Viele Regale sind leer – Sonnenblumenöl und Mehl werden „gehamstert“, also in großen Vorräten gekauft. Doch wie kommt das?

Warum gibt es weniger Sonnenblumenöl und Getreide?
In Russland und der Ukraine wird besonders viel Landwirtschaft betrieben. Sie versorgen die Welt mit Getreide und auch mit Ölfrüchten, wie zum Beispiel Sonnenblumenkernen – die Ukraine ist laut des Agrarmagazins „agrarheute“ für rund 51 % der weltweiten Exporte von Sonnenblumenöl verantwortlich, Russland für 27 %. Der Krieg sorgt dafür, dass in den beiden Ländern 2022 weitaus weniger angebaut und geerntet werden kann. Diese Ernte sünde allerdings erst ab Sommer bevor. Jetzt, im März und April würden die Sonnenblumenkerne und Sommergetreide eigentlich erst ausgesät. Wir zehren momentan also von vergangenen Ernten. Warum sind die Produkte trotzdem knapp?

Häfen in der Ukraine sind blockiert oder bombardiert und es gibt ein Exportstopp, informiert die Fach- und Medienagentur Proplanta. Beim Sonnenblumenöl müssen wir laut des Verbands der Ölsaaten verarbeitenden Industrie Deutschland in den nächsten Monaten voraussichtlich mit Lieferengpässen rechnen. Viele Menschen decken sich jetzt aus Sorge vor einem Mangel ein. Sie „hamstern“ Öl und kaufen mehrere Flaschen. Das Problem: Für die Lieferketten und die Lieferlogistik der Einzelhändler, die sich auf unsere Konsumgewohnheiten einstellen, kommt das überraschend. So verschärft sich die Lage. Würden alle Deutschen nur so viel Öl kaufen, wie sie wirklich brauchten, wären die Regale im Supermarkt voller.

Auch wenn es in den nächsten Wochen und Monaten ein beschränktes Angebot an Sonnenblumenöl gibt, gilt das auf lange Sicht nicht: „Mittelfristig werden sich die internationalen Warenströme neu ausrichten und sind neu zu bewerten“, heißt es in einer Presseinformation des Verbands der Ölsaaten verarbeitenden Industrie Deutschland.

Welche Alternativen gibt es zu Sonnenblumenöl?
Das geringere Angebot an Sonnenblumenöl gibt einen Anlass, eigene Gewohnheiten zu überdenken. Es gibt viele Alternativen zum Sonnenblumenöl. Rapsöl zum Beispiel hat eine bessere Zusammensetzung der Fettsäuren, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirkt. Deshalb empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ohnehin, eher zu Raps- statt Sonnenblumenöl zu greifen. Mehr rund um das Thema Fette und Öle finden Sie im Interview mit Nicole Eckelmann von der DGE – Sektion Niedersachsen.

Keine Sorge vor Getreideengpässen in Deutschland
Was Mehl, Nudeln oder Backwaren betrifft, müssen wir uns in Deutschland zum Glück keine Sorgen machen. Zwar hat der Preis für Getreideprodukte das Potenzial zu steigen, unsere Landwirt*innen können den Weizenbedarf hier in Deutschland aber zu mehr als 100 % decken. In vielen Entwicklungsländern sieht das leider anders aus. Dort müssen Menschen ohnehin schon einen hohen Teil ihres Geldes für Lebensmittel ausgeben. Steigt der Preis für Getreide, kann das schlimme Folgen für die Ernährung der Menschen dort haben, sie können sich Lebensmittel vielleicht nicht mehr leisten.

Wie wir hier in Deutschland aus dem Hamsterrad ausbrechen können? Am besten sollte jede und jeder zu den normalen Konsumgewohnheiten zurückkehren. Das kriegen andere Länder im Übrigen auch hin: Weder in Ungarn, noch in Großbritannien oder Polen, werden Lebensmittel so wie in Deutschland gehamstert.

Und dann könnten die deutschen Supermärkte vielleicht auch die Begrenzungen für den Einkauf wieder aufheben, in die Schublade packen und diese fest veschließen. Dieses Mal aber hoffentlich für immer.