ZEHN - Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen

Ein Notvorrat für alle Fälle?

Eigentlich scheinen in Deutschland Lebensmittel und vieles andere rund um die Uhr verfügbar: Supermärkte sind lange geöffnet, viele Läden sogar am Wochenende. Und Lieferdienste bringen Waren direkt vor die Haustür. Ist es trotzdem sinnvoll, zuhause einen Notvorrat anzulegen? In einem Interview erklärt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), weshalb und wie Haushalte einen Notvorrat anlegen sollten. Das BBK ist eine Behörde des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI).

Notvorrat
© Charlotte Schneider

Weshalb ist es in Zeiten von ständiger Verfügbarkeit sinnvoll, einen Notvorrat anzulegen?

Ein Vorrat an Lebensmitteln und Getränken ist für viele Situationen hilfreich. Ob Quarantäne, ein gebrochenes Bein, Unwetter oder Glätte: Gut, wenn man dann nicht noch an Einkäufe denken muss. Sinnvolle Bevorratung unterscheidet sich ganz klar vom sogenannten "Hamstern". „Hamstern“ ist das Horten von Lebensmitteln oder anderen Dingen, die vermeintlich knapp werden könnten.

Der Notvorrat hingegen wird in sicheren Zeiten ganz gezielt mit dem Nötigsten angelegt, damit man etwa zehn Tage problemlos überbrücken kann. Wenn jede und jeder Einzelne einen Vorrat anlegt, können echte Engpässe gemeinschaftlich überbrückt werden. Denn: Im Falle z.B. eines Unwetters können die Einsatzkräfte nicht überall geleichzeitig sein. Die Fähigkeit zur Selbst- und ggf. auch Nachbarschaftshilfe entlastet somit zudem die Einsatzkräfte.

Welche Grundlagen sollten beim Anlegen eines Notfallvorrats beachtet werden?

Ein Lebensmittel- und Getränkevorrat ist etwas sehr Individuelles. Allergien, Lebensmittelunverträglichkeiten oder besondere Bedarfe wie Babynahrung sollten berücksichtigt werden. Aber natürlich auch persönliche Vorlieben! Ohnehin sollte der Vorrat nicht nach dem Motto „den brauche ich hoffentlich nie“ angelegt werden, sondern nach dem Prinzip "lebender Vorrat". „Lebender Vorrat“ bedeutet, dass die Lebensmittel in den alltäglichen Verbrauch einbezogen und regelmäßig aufgefüllt werden können. So wird er immer wieder verbraucht und erneuert, ohne dass etwas verdirbt.  Zudem gilt: Bevorratung sollte nach den individuellen Möglichkeiten erfolgen. Es muss nicht sofort der Zehn-Tages-Vorrat sein. Auch ein Vorrat für drei oder vier Tage ist hilfreich und besser als keiner.

Welche Lebensmittel und welche Mengen sind für einen Vorrat sinnvoll?

Grundsätzlich sollte der Großteil der gewählten Lebensmittel auch ohne Kühlung länger gelagert werden können. Dazu zählen z.B. Konserven, Nudeln, Reis oder H-Milch. Ein gewisser Teil der Lebensmittel sollte auch kalt gegessen werden können wie eingelegtes Gemüse oder Obst. Welche Lebensmittelgruppen genau wir in welcher Menge für das Anlegen des Lebensmittelvorrates empfehlen, steht in unserem Ratgeber, der unter folgendem Link zu finden ist: www.bbk.bund.de/ratgeber

Haben Sie noch einige allgemeine Tipps?

Der Vorrat kann Stück für Stück aufgebaut werden. Es ist nicht nötig, ihn „auf einen Schlag“ anzulegen. Man kann sich angewöhnen, beim Einkauf von länger haltbaren Produkten - wie beispielsweise Nudeln, Linsen oder Gemüsekonserven - eine Packung bzw. mehr zu kaufen. Verbraucher*innen sollten darauf achten, früh genug den Vorrat aufzufüllen, bevor sie die letzten Packungen anbrechen.

Wie sieht es mit Getränken aus?

Wir empfehlen mindestens zwei Liter pro Person und Tag zu kalkulieren. Für einen 10-Tages-Vorrat wären das 20 Liter pro Person. Darin ist auch ein Anteil zum Kochen eingerechnet (0,5 Liter pro Tag). Ein Anteil des Vorrats sollte daher aus (Mineral-)Wasser bestehen. Aber auch Fruchtsäfte oder länger lagerfähige Getränke können dazugerechnet werden. Leitungswasser selbst abzufüllen und als Trinkwasser-Vorrat zu verwenden empfehlen wir nicht, sondern Trinkwasser aus dem Handel in Flaschen. Denn dieses Wasser wurde unter kontrollierten hygienischen Bedingungen abgefüllt und ist lange haltbar.

Was gehört außer Lebensmitteln noch in den Notvorrat?

Hygieneartikel und eine Hausapotheke mit benötigten Medikamenten, Verbandsmaterial etc. gehören dazu. Darüber hinaus empfehlen wir die Vorbereitung eines Notgepäcks. Auch Taschenlampen, Kerzen, Feuerzeuge, Streichhölzer und ein batteriebetriebenes Radio sind sinnvoll.  

Gibt es Lebensmittelvorräte, die die Regierung für Notfälle lagert?

Einen staatlichen Vorrat ausgewählter Grundnahrungsmittel ist organisiert über die Bundesreserve Getreide und die zivile Notfallreserve, die sich bundesweit an etwa 150 Standorten befinden. Dieser Vorrat ist aber nicht dafür ausgelegt, die gesamte Bevölkerung Deutschlands über einen längeren Zeitraum voll zu verpflegen. Es handelt sich um eine Notreserve, die bei auftretenden Versorgungsengpässen genutzt werden kann.

Wie kann sich die Bevölkerung über Neuigkeiten und Versorgungsmöglichkeiten informieren, wenn eventuell kein Strom vorhanden ist?

In Krisen- oder Notfallsituationen ist es besonders wichtig, aktuelle Meldungen verfolgen zu können. Deshalb ist es sinnvoll, immer ein batteriebetriebenes Radio mit Reservebatterien oder ein Kurbelradio im Haus zu haben. Auch ein Solarradio oder Autoradio kann benutzt werden. Solange die Mobilfunkverbindungen funktionieren, können Nutzer*innen Warnungen auf der vom BBK betriebenen Warn-App NINA erhalten.